Erbrecht Mannheim
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Vor- und Nacherbschaft

Der Testierende kann sein Vermögen durch die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft (§ 2100 BGB) über zwei oder mehrere Generationen hinweg vererben. Hierzu bestimmt er, dass sein Vermögen zunächst einer Person zukommen soll (= Vorerbe), legt aber gleichzeitig bereits fest, wer es nach dieser Person bekommen soll (= Nacherbe). Vor- und Nacherbe sind Erben derselben Erblassers, allerdings zeitlich aufeinander folgend. Der Nacherbe kommt regelmäßig erst dann zum Zug, wenn der Vorerbe ebenfalls verstorben ist. Der Testierende kann aber auch andere Anlässe oder Zeitpunkte für den Eintritt der Nacherbfolge festlegen (z. B. Heirat des Vorerben oder Volljährigkeit des Nacherben). Durch die Anordnung einer Vor - und Nacherbschaft kann der Erblasser verhindern, dass die Substanz seines Nachlasses vom Erben verbraucht wird oder an familienfremde Personen abschließt. Die Vorerbschaft bildet in der Hand des Vorerben ein Sondervermögen, das er von seinem Eigenvermögen getrennt zu verwalten hat. Dem Vorerben gebühren lediglich die Nutzungen der Vorerbschaft. Der Nachlass kann hierdurch für minderjährige Erben gesichert werden, bis diese ein bestimmtes Alter erreicht haben. Überschuldete Vorerben können vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ihrer Gläubiger in den Nachlass geschützt werden (§ 2115 BGB). Bei der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft ist besondere Vorsicht geboten, da der Vorerbe in seiner Verfügungsmöglichkeit über das ererbte Vermögen stark eingeschränkt ist, da der Nachlass in seiner Substanz für die Nacherben zu erhalten ist. So darf der Vorerbe Grundstücke, Häuser und Eigentumswohnungen, die sich im Nachlass befinden, nur mit Zustimmung des Nacherben veräußern (§ 2113 Abs. 1 BGB). Zum Schutz des Nacherben wird im Grundbuch ein „Nacherbenvermerk“ eingetragen mit der Folge, dass jeder Kaufinteressent von vorneherein abgeschreckt wird. Vor- und Nacherbe stehen in einem Interessengegensatz zueinander, der häufig zu Konflikten und Streitigkeiten führt. Ohne fachliche Beratung sollte deshalb eine Vor- und Nacherbschaft nicht angeordnet werden. Der Testierende sollte in seiner letztwilligen Verfügung ausdrücklich klarstellen, ob sein Erbe (unbeschränkter) Vollerbe oder nur (in seiner Verfügungsgewalt beschränkter) Vorerbe werden sollen. Gemäß § 2136 BGB ist es möglich, dass der Erblasser den Vorerben von bestimmten Beschränkungen befreit. Nach § 2113 Abs. 2 BGB darf der Vorerbe aber auch dann Gegenstände des Nachlasses nur verschenken, wenn es sich hierbei um eine „Anstands- oder Pflichtschenkung“ handelt. Diese Beschränkung kann dem Vorerben gemäß § 2136 BGB nicht erlassen werden.

Die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft ist steuerlich nachteilhaft, da sowohl beim Eintritt des Vorerbfalls als auch im Nacherbfall Erbschaftsteuer fällig wird. Eine Vor- und Nacherbschaft sollte also nur dann angeordnet werden, wenn Sie hierzu durch einen Fachanwalt für Erbrecht ausführlich zu den Vor- und Nachteilen beraten wurden. Die Einsetzung eines Nacherben kann kraft Gesetz (§ 2306 BGB) ungültig sein. Dies ist dann der Fall, wenn der hinterlassene Erbteil weniger wert ist als der Pflichtteil (= Hälfte des gesetzlichen Erbteils). Eine Vor- und Nacherbschaft gilt dann als nicht angeordnet, fällt ganz einfach weg.