Erbrecht Mannheim
01.01.2005

OLG Frankfurt bestätigt Auskunftspflicht einer Bank über "ver-gessenes" Sparbuch aus den 1950er Jahren

Das Oberlandesgericht hat eine Bank dazu verpflichtet, Auskunft über das Guthaben auf einem im Jahr 1959 eingerichteten "vergessenen" Sparbuch zu erteilen.

Der Kläger, der in Rechtsnachfolge seines verstorbenen Vaters erst 2007 in den Besitz des Spar-buches gekommen ist, hatte von der beklagten Bank zunächst Auskunft über das vorhandene Guthaben verlangt sowie - nach Erteilung der Auskunft - Auszahlung des Guthabens nebst zwi-schenzeitlich angefallener Zinsen. Das Sparbuch, auf dem seit rund 50 Jahren keine Bewegung mehr stattgefunden hat, wies damals ein Guthaben von rund 106.000,- DM aus.

Die beklagte Bank bestreitet die Echtheit des Sparbuches, die Echtheit der darin enthaltenen Un-terschriften der Bankmitarbeiter sowie deren Zeichnungsberechtigung, da sich in ihren Auf-zeichnungen und Archiven keine Anhaltspunkte dafür fänden, dass die im Sparbuch ausgewiese-ne Forderung jemals bestanden habe.

Das zunächst mit der Sache befasste Landgericht Frankfurt am Main gab dem Auskunftsverlan-gen des Klägers statt. Zuvor hatte es ein Sachverständigengutachten über die Echtheit des Spar-buches eingeholt. Die Berufung der Bank gegen das Urteil wies der zuständige 19. Zivilsenat des OLG nunmehr durch Urteil vom 16.2.2011 zurück. Zur Begründung führt das OLG aus:

Die Echtheit des Sparbuches könne nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht mehr in Zweifel gezogen werden. Dieser habe überzeugend dargelegt, dass das Sparbuch keine Anhalts-punkte für eine Reproduktion aufweise und die verwendete Tinte und Kugelschreiberpaste be-reits 1955 auf dem Markt gewesen sei. Dem Sparbuch komme danach die Funktion einer Be-weisurkunde zu. An die Erschütterung des Beweiswertes eines Sparbuches seien besonders hohe Anforderungen zu stellen, die nur im Ausnahmefall vorlägen. So könnten insbesondere die Höhe des Sparguthabens und die Dauer der Umsatzlosigkeit den Beweiswert nicht erschüttern.

Soweit die Bank bestreite, dass die in dem Sparbuch neben dem Guthabenbetrag beigefügten Namensunterschriften echte Unterschriften von zeichnungsberechtigten Mitarbeitern seien,

könne sie damit nicht durchdringen. Da dem Kläger in der Rolle des Sparers insoweit die betref-fenden Umstände naturgemäß nicht bekannt sein könnten, liege es im Verantwortungsbereich der Bank, für den Nachweis oder das Bestreiten der Echtheit von Unterschriften in einem Spar-buch geeignete Geschäftsunterlagen aufzubewahren und vorzulegen, selbst nach Ablauf der han-delsrechtlichen Aufbewahrungsfristen. Andernfalls könne eine Bank durch einfaches Bestreiten der Echtheit der Unterschriften im Sparbuch den Beweiswert des Sparbuches faktisch aufheben, was nicht hinnehmbar sei.

Weder die Sparbuchforderung selbst noch der Auskunftsanspruch seien im Übrigen verjährt. Der Umstand, dass die Bank keine Kenntnis mehr von dem Sparbuch gehabt habe, ändere hieran nichts.

Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Das Urteil kann in Kürze unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de abgerufen werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.2.2011, Aktenzeichen 19 U 180/10 (vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Teilurteil vom 25.6.2010, Aktenzeichen 2/27 O 177/08)





Weitere Informationen im Web
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